Ein lang gehegter taucherischer Traum sollte dieses Jahr in Erfüllung gehen: Tauchen in Sardiniens grösster Karstquelle Su Gologone auf 112 müNN in der Nähe von Oliena. Olivier Isler hatte in den 90ern die Erforschung bis in -107m vorangetrieben, musste jedoch halt machen an einer Engstelle, die mit seinem gewaltigem Rückengerät (do pSCR bzw. OC 4×20) nicht passierbar war. Sein Freund und Helfer Tom Pouce kam bei einer Forschungstour 1992 ums Leben was der weiteren Erforschung erstmal Einhalt gebot.

Weitere Unfälle in dieser sagenumwobenen Quelle führten Ende der 90er zu einem absoluten Tauchverbot, welches bis heute gültig ist. Mit den richtigen Kontakten (Mitglieder der scuola nazionale di speleologia subacquea, S.N.S.S.) und passenden Beweggründen (kein Tourismus) kann jedoch eine Sonderbewilligung erteilt werden.

2010 nahm Alberto Cavedon mit Unterstützung von ASSONET und der S.N.S.S. einen neuen Anlauf und trieb den Stand der Erforschung voran auf -135m, 23 Meter unterhalb des Meeresspiegels. Dank CCR war die “Engstelle Isler” sowie eine weitere Restriction problemlos passierbar, am Ende der aktuellen Erforschung befindet sich jedoch eine neue Engstelle, nach der der Gangverlauf möglicherweise wieder ansteigt. Die Kampagne von 2010 wurde leider durch einen weiteren Todesfall überschattet, der bekannte italienische Videofilmer Paolo Costa erlitt beim “Fenster”, welches sich in 34mTiefe im Quelltopf zum Höhleneingang eröffnet, aus ungeklärten Gründen einen Herzstillstand.

2011 sollte die Forschung vorangetrieben werden. Die beiden Ziele waren das Vorantreiben der Exploration am Ende des Forschungsstandes auf -135m (A. Cavedon) sowie die Erforschung eines von T. Pouce entdeckten und bislang unerforschten Abzweiger/ Kamins auf ca. -90m (H. Zistler).

Mit dabei wieder ASSONET/ S.N.S.S. sowie “VIP-Gast” Aldo Ferrucci für Videoaufnahmen bis ca. -100m. Hier sollte ich zusammen mit Gilberto Bonaga als Beleuchter fungieren und hatte zusätzlich zu Aldos 100 W HID noch 4 weitere Lampen mit insgesamt 130 Watt HID (danke Dani!) dabei.

Leider spielte die Wetterfee nicht mit. Die Woche vor dem Start war relativ regnerisch, die Bedingungen blieben aber o.k. Die Nacht vor der Abreise bescherte einen seit Jahren nicht mehr dagewesenen intensiven Hagelsturm. Mit unserem Eintreffen am Mittag des 30. April führte die Quelle gewaltig Hochwasser. Zum Glück liess der Regen dann nach.

Die folgenden Tage waren geprägt von Warten, Wasserstand beobachten, Equipment Revision/ Vorbereitung sowie Socializing mit den lokalen Sepeoclubs, was durchaus zu interessanten Kontakten geführt hat. Auch das kulinarische kam nicht zu kurz.

Auch mehrere Besuche bei Toddy und Protec waren angesagt. Da die Bedingungen in den bekannten Höhlen im Meer des Golfo di Orosei genau so schlecht waren reisten dem armen Toddy die Gäste ab (unter anderem der Konstruteur des SF1, sorry Name vergessen sowie Mike “Generalvertreter CCR Südamerika” auch hier fehlt meinem Gedächtnis der Name). Zusammen mit Toddy wurden Pläne geschmiedet, um im Oktober die Erforschung des Sump3 in der Bel Torrente voranzutreiben. Toddy und Rick Stanton werden die push diver sein, ich werde Ihnen bei der Passage von Sump2 zu Sump3 assistieren.

Es blieb auch genügend Zeit für Trekking- und Trockenhöhlen-Touren. Leo Fancello und Maria Masuri, seit Jahrzehnten “lokale Urgesteine” der Höhlenszene haben sich unser in einer Art und Weise angenommen, dass wir noch für lange Zeit in ihrer Schuld stehen werden. Besonders hervorzuheben ist eine Trockenhöhle in der Nähe des Strandes von Cala Luna. Der Name ist mir mal wieder entfallen, irgedwas Unaussprechliches mit “Blüte” in sardischem Dialekt. Sinter in allen Formen und Farben und dazu Stalaktiten aus Kalzit, welche an der Bruchfläche aussehen wie Glas. Auch handgrosse dreieckige Kalzitkristalle, welche sonst eigentlich eher nur in Südamerika auftreten, konnten wir sehen. Ein Wahnsinn, es fehlen einem die Worte. Fotos siehe unten.

Am 4. Mai sollte der erste Tauchgang stattfinden. Su Gologone war nach wie vor nicht tauchbar, daher fiel die Wahl auf die Quelle Cala Luna, welche nur vom Meer aus erreicht werden kann. Die Bootsfahrt verlief bei guter Laune, an der Quelle angekommen sah man sofort die Strömung welche aus dem Eingang kam. Die Wahl des scouting fiel auf Aldo, welcher sich sogleich durch Wellen, Brandung und Strömung kämpfte. Nach einigen Minuten gibt er das ok und die Gruppe startet. Das primary reel sollte Eusebio legen weil er die Höhle am besten kannte. Er kam jedoch nicht gegen die Strömung an, somit traf es mich. Eine echte Qual auf den ersten 50 m. Pull and glide mit einer Hand, vielleicht 3 Meter Sicht. Obwohl ich die Höhle kannte liess ich es mir nicht nehmen statti ns System in den blinden Seitengang einzutauchen 😉 Es gab ein langes Gesicht als statt der main line der Gang zu Ende war, aber keine 5 Minuten später waren wir im richtigen Gang und an der main line. Primary reel connected und los gehts. Mittlerweile sind nur noch Gilberto und ich, alle anderen haben in der Strömung aufgegeben und sind gekehrt. Wir tauchen bis zum dritten Jump, die Sicht ist aber auch hinten recht bescheiden. Wir kehren, es bläst uns dermassen raus dass ich kaum mit dem Aufwickeln des Reels nachkomme und anschliessend gehts zum Eisessen in den Hafen.

Am 5. Mai wird zum ersten Mal Su Gologone angegangen. Der Wasserspiegel ist tiefer, die Sicht etwas besser. Mario M. und Tauchpartner (beide ASSO) sollen das “Fenster” auf -36m inspizieren. Der Buddy ist nach 5 Minuten wieder aus dem Wasser, Probleme mit Strömung und Einlassventil, von Romano fehlt nach 30 Minuten noch jede Spur. Auch keine Luftblasen. Nach einem Moment der allgemeinen Unruhe mache ich mich mit Aldo Ferrucci parat um Romano zu suchen. Vielleicht 1 Meter Sicht und jede Menge Leinenreste. Es gibt eine einzige Luftglocke in der Su Gologone,diese hat zwei Zugänge, zu seinem Glück hat Romano sich dorthin verirrt. Seine Version: “Leinenabgänger”. Zum Glück nicht ernsteres passiert, Umkehr heil und zu dritt. Die Exploration wird im Anschluss für dieses Mal sofort eingestellt.

Am Freitag 6. Mai bereiten wir alles vor für die um 1 Woche vorverschobene Rückreise.

Am Samstag 7. Mai gibt es ein letztes Highlight: die Trockenhöhle Su Bentu. Es handelt sich um einen mehrere Kilometer langen unterirdischen Canyon. Direkt am Eingang ist ein nicht eingerichteter Schacht, welcher Gelegenheitstouristen abhält. Da wir uns vorab informiert hatten sind wir entsprechend ausgerüstet. Unter der Höhlendecke wurde ein Geländer installiert. Teilweise befindet man 70 m über dem Fluss. Es gäbe auch die “untere Tour” im Wasser. Stalagtiten, Stalagmiten, Exzenter, Sanddünen, enge Schlufe, Vertikalstellen, von allem ist etwas dabei. Eine wirklich wunderschöne Höhle. Nach knapp 4 Stunden kommen wir nicht mehr weiter, weil ein Seil fehlt. Wir geniessen das Ambiente, machen Picknick und kehren um. Am Rückweg erkunden wir jede noch so kleine Ritze seitlich. Am Eingang erwartet uns noch eine Natter, Gilberto hält sich fern und ich mache ein paar Fotos.

Da wir schon in der Gegend sind schaue ich noch bei der Quelle “Sa Oche” vorbei. Diese ist ein Ueberlauf von Su Bentu. Wunderschönes geschliffenes Gestein und eine reg besuchte Kletterwand am Eingang.

Am Sonntag 8. Mai starten wir die Heimreise. Im Gepäck eine beachtliche Menge Ziegen- und Schafskäse. Taucherisch hat es sich zwar nur bedingt gelohnt, jedoch ist Sardinien eine traumhafte Insel, und Land und Leute immer eine Reise wert. Wir konnten interessante Kontakte knüpfen und ich für meinen Teil hatte vorher noch nie so reichhaltig geschmückte Trockenhöhlen besucht. Wir kommen wieder!

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Su Gologone bei Hochwasser

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Die lustige internazionale Gesellschaft beim Nachtessen (A. Cavedon, A. Ferrucci, Toddy, Brazil-CCR-Mike, SF1(2?)-Man, Hubert, Gilberto etc.)

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Gilberto am Eingang der “Blüten”-Höhle mit dem unaussprechlichen Namen

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Sinterschmuck

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Hubert und ein wenig Sinter im Hintergrund…

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Stalagtiten aus Kalzit

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Gilberto und Kalzitkristalle

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Mario kurz vor seinem dive in der Su Gologone

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Eingang der Su Bentu Höhle

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Erster Schacht in der Su Bentu

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Ohne Worte

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Gilberto

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Hubert

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Protec Sardinia

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Hubert und Toddy

Hubert Zistler

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