Dieses Jahr nehme ich mir einmal richtig Zeit für Sardinien. Neben der eigentlichen Forschungswoche habe ich beschlossen, im Vorfeld 1 Woche Ferien mit der Familie zu machen und im Anschluss ebenfalls noch ein paar Tage anzuhängen.

Am Freitag 26. Juli geht es für mich nach Genua zum Fährhafen. Da die Fährtickets immer teurer werden reist meine Familie am Samstag morgen gemütlich mit dem Flieger an. Ich hole sie am Flughafen Olbia ab.

Die komplette erste Woche ist dem “Tourismus” gewidmet. Strand, Soft-Trekking, Schauhöhlen, Bootfahren, Pferdereiten, gut Essen, Sightseeing, Freunde besuchen. So manche Ecke kannte ich selber noch nicht, obwohl ich seit 2007 regelmässig in der Gegend meine Ferien verbringe.

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Sonntag 4. August

Jogi und Manne sind gestern ebenfalls angekommen. Der heutige Tag ist den Vorbereitungen gewidmet. Die beiden CCR werden startklar gemacht. Ebenso alle Scooter. Auch dieses Jahr werden ausschliesslich Bonex Scooter eingesetzt, da sie ein unschlagbares Verhältnis aus Kraft, Gewicht und Zuverlässlichkeit haben und ausserdem gegenüber Konkurrenzprodukten mit vernünftigem Aufwand über die Trockenpassagen getragen werden können.

Nachdem die Kreislaufgeräte und Scooter parat sind geht es an die Trockenröhren. Das Trocken-Speleo-Material wird dieses Jahr ebenfalls in drytubes transportiert. Wir gehen das Biwak-Material einzeln durch, um zu verhindern dass wir am Ende Material unnütz doppelt und dreifach mitschleppen.

Meine drei tubes werden wie folgt gefüllt: die kleine tube (DI 15, L 36 cm) mit Vermessungsmaterial (DistoX und Pocket PC) und Notfall-Apotheke. Die mittlere tube (DI 15, L 60 cm) mit Biwakmaterial und Essen. Die grosse tube (DI 25, L 60 cm) mit Bohrmaschine, Helm + Scurion, Speleo-Material, Geschirr, Kocher und Essen. Schleifsäcke werden gerollt und genauso wie die Seile mit Gummis an Tubes oder Stages befestigt.

In einer Affenhitze von über 40°C werden die Tubes anschliessend im Pool austariert. Das Austarieren ist relativ, da die Höhle im Meer beginnt und hinten reines Süsswasser ist. Wir werden also wie gewohnt zuerst Auftrieb und dann Abtrieb haben. Wir tarieren die tubes so, dass sie im Pool minimal Abtrieb haben, aber “gleichförmig” sinken und keine schweren Enden haben.

Wir testen ausserdem das abtrriebsverhalten des “big boys reel” von Sebastiano Pappalardo, welches ungefähr 700 m geknüpfte 1.5 mm Leine fasst.

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Montag 5. August

Treffpunkt 5 Uhr um der Hitze zu entfliehen. Toddy wird heute noch nicht mit dabei sein. der Protec-Neuzugang Witek sowie unser unverwüstlicher Skipperr Urs sind auch schon parat. Das Material wird in den Bus verladen. Eine beträchtliche Armada an Bonex Scootern und Kreislaufgeräten (alles KISS ausser der SF2 von Toddy) steht im Geräteraum. Anschliessend wird alles auf das Boot verladen. Gegen 6 Uhr legt das Boot ab. Das Meer ist spiegelglatt. Nach ein paar Minuten beginnt sie Sonne aufzugehen. Ein phantastischer Anblick bei idealen Bedingungen.

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Kurz vor 7 Uhr ankern wir in der Grotta Cormorano. Diese Grotte ist wind- und sonnengeschützt und liegt gleich neben dem Eingang zur Bel Torrente. Ich bin als erster parat und scootere schon mal zum Eingang um das primary reel zu legen.

Danach komme ich zurück und behänge mich mit 3 drytubes, meinem Sidemount-Kiss, der zugehörigen Diluent-Stage sowie einem gefluteten Trockenfass. Manne und Jogi sind ähnlich behängt.

Los gehts. Ich habe die Prototyp-Tauchscurion von Rick Stanton auf dem Kopf, allerdings passt der Ecrin Rock Helm von der Form her für mich irgendwie nicht besonders gut zum Tauchen. Der Drag des Materials ist gewaltig. Gottseidank haben die Bonex ordentlich Schub.

Wir lassen uns durch die gut 1’200 Meter Unterwasserpassage ziehen. Erste zwei “T” rechts, drittes und viertes “T” links.

In Absprache mit den lokalen Speleo-Gruppen wurde am 21.Juli ein Färbeversuch im Supramonte, in den Höhlen Lovettecannas und Murgulavò durchgeführt. Toddy hat hierfür einige Aktivkohle-Säckchen in Bel Torrente und Cala Luna platziert. Die Sicht ist an einigen Stellen sehr markant “grünstichig” und mit zwei voll beladenen D-Zügen die vor mir durch die Haloclyne pflügen sehe ich stellenweise nicht mehr viel. Ein temporär gelegtes “T” bereitet mir aus diesem Grund etwaas Kopfzerbrechen weil meine Zählerei dadurch etwas durcheinander kommt.

Wir brauchen für die eigentliche Scooter-Strecke etwas mehr als 30 Minuten. Ich habe ausserdem ein kleines Intermezzo mit der neuen 3 Liter Tariergasflasche, welche sich zwischen zweitem und dritten “T” selbstständig gemacht hat. Die begurtung ist zu kurz und hat sich von selbst geöffnet. Mit dem Notfall-Spool erfinde ich kurzerhand ein russisches Befestigungssystem, welches für die letzten paar hundert Meter auch seinen Dienst tut. Ein Fotograph ist ja glücklicherweise nicht dabei.

Wir legen erstmal das ganze Material ab und steigen aus dem Wasser. Anschliessend ziehen wir unsere Schlaze an. Danach geht es an den Materialtransport. Drei Kreislaufgeräte, zwei Scooter und 4 oder 5 Stages werden zum Siphon 2 transportiert.

Danach geht es an die Drytubes. Das Biwakmaterial wird ausgepackt und in die demokratisch bestimmte Biwakhalle transportiert. Der Platz ist ideal. Kreisrund, 15 Meter Durchmesser, Sandboden, an einer Seite ein schräger Aufstieg und ein kleinerer Schlot als “Rauchabzug”. In der Mitte ist ein Felsblock, welcher einen idealen Kochplatz abgiebt. Trinkwasser beziehen wir aus dem Siphon 2. Da das Wasser etwas schäumt desinfizieren wir es vorsichtshalber mit Mikropur. Lieber Schwimmbad-Geschmack als Dünnpfiff. Eine Pinkelstellemit leicht fliessendem Wasser ist auch nicht allzuweit weg, und die Latrine graben wir in einer Sanddüne, welche beim nächsten Winter-Hochwasser wieder durchgespült werden sollte. Wir beziehen das Quartier und richten uns ein.

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Obwohl es gerade gemütlich wäre und Manne und Jogi auf den Explorations-Cappuccino schielen setze ich alias “Hubert der Menschenschinder” mich durch und es wird erst einmal etwas gearbeitet. Gemeinsam wird der nicht vollständige Messzug der HFGOK von Sifon 1 bis Sifon 2 nebst ein paar Seitengängen und dem Abzweiger zur Biwakhalle komplett neu vermessen. Ich am DistoX plus PocketPC, Manne mit der Messtafel und dem Nagellack und Jogi ist der Schreibknecht und notiert zu jedem Messpunkt ein paar Bemerkungen die nachher meine Arbeit am PC erleichtern sollen. Die Scurions leisten beim Vermessen der grossen Gänge sehr gute Dienste. Wir philosophieren über chinesische Billig-Schrott-Imitationen mit wackeligen Schaltern und doofen Steckern, welche noch dazu bald absaufen und auch über englische Affen-Lampen die immer versprochen aber nie geliefert werden. Auch über die Modifizierungen, die ich gemeinsam mit Rolf an den ersten Tauch-Prototypen machen möchte wird gequatscht. Vermutlich kommt dabei die perfekte Amphibien-Lampe heraus.

Um 19 Uhr erwartet uns draussen das Boot. Keiner ausser mir will noch klettern und einen stark verlehmten Seitengang vermessen wir erst einmal noch nicht. Aus diesem Grund machen wir uns gemütlich an die Vorbereitungen für den Rückweg. Da uns die Bonex ohne Gepäck gemütlich trotz ein paar “lookaround-stops” in einer halben Stunde nach draussen ziehen haben wir noch ein wenig Zeit zum Fische schauen. Kaum aufgetaucht hat Witek eine Runde Ichnusa parat, juhuu davon hatte ich schon vor Stunden geträumt.

Gegen 20 Uhr sind wir am Hafen und es geht an das gemütlichere Abendprogramm.

Dienstag 6. August

Der heutige Tag dient der Erholung sowie der Vorbereitung des nächsten Vorstosses, welcher 2 Tage dauern soll. Blöderweise macht mir die Hitze zu schaffen und ich habe den ganzen Tag leichtes Fieber (>38°C). Am Abend gibt es einen rekordverdächtigen Berg Pasta auf meiner Dachterasse.

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Mittwoch 7. August

Heute geht es etwas später los, Treffpunkt 5.30 Uhr. Ziel des Tages: Vermessen von S2. Obwohl das Biwak fast fertig eingerichtet ist kommt doch noch einiges Material mit. Toddy und ich beschliessen, wenn alles passt im Siphon 3 zu tauchen und aus diesem Grund haben wir noch drei weitere Luft-Stages dabei. Jogi hat sich entschlossen, nicht in der Höhle zu biwakieren und plant, am Nachmittag mit dem Boot der Tauchschüler wieder nach Hause zu fahren. Beim anrödeln stellt Manne fest dass er keine Kopfhaube hat. Jogi, der Super-Kumpel bietet seine an und verzichtet auf den early Morning Dive. Er hatte eigentlich geplant sein Material zu holen, dies kann er aber auch am Nachmittag machen. An dieser Stelle nochmals: danke Jogi! Jogi kommt dann später tatsächlich noch nach, um etwas von seinem Material (SM KiSS, Stages, drytube) abzuholen.

Kurz vor 8 Uhr starten wir also den dive zu dritt und nach etwa einer halben Stunde sind wir wieder im Höhlensee hinter Siphon 1. Wir schleppen als erstes Toddys Material an den zweiten Höhlensee und dann das zusätzliche Biwakmaterial ins Camp.

Manne hat in der Nacht zuvor schlecht geschlafen und will sich vor dem Vermessungs-Dive im Siphon 2 erstmal ausruhen. Ausserdem möchte er lieber zu zweit tauchen. Die Vermessungstour von Hubert und Toddy bis zum Hasenmayer See wird also erst einmal vertagt. Toddy und ich könnten alternativ den Lehmgang vermessen, die Wahl fällt dann aber auch auf ein Nickerchen.

Am Nachmittag um 16.30 tauchen Manne und ich ab. Manne vorweg zum leine Legen, ich hinterher zum Vermessen. Die Gangdimensionen sind gewaltig. Teils mehr alsw 10 Meter breit und höher als breit. Das Wasser ist wegen dem Färbetest fast schon dunkelgrün. Teilweise sind die Gänge trotz Tauchscurion plus Light for me – Laserschwert nicht ganz einsehbar. Der Siphon 2 zieht sich wie alle Hauptgänge in südöstlicher Richtung dahin. Es geht erst auf etwas über 40 Meter hinunter, dann wieder hinauf auf 12 Meter. Beim ersten Teil besteht der Boden aus Sanddünen. Nach dem 12 Meter Knick geht es langsam immer mehr über zu Fels.

Danach geht es auf 40 Metern zum “Stargate”, einem etwa 10 m langem kreisrunden Tunnel, der wie ein Loch in der Wand auf einen zukommt. Am Ende des Stargates ist ein riesiger Schacht. Schneeweiss. Geradeaus weiter geht ein schneeweisser Gang mit etwa 3 m im Durchmesser weiter mit etlichen Verzweigungen. Rechts nach unten geht der Schacht in eine Schräge über zu seinem tiefsten Punkt auf etwa 63 Metern, um danach mit einem immensen Gang wieder bis zur Oberfläche zu führen.

Manne geht vorweg und legt Leine. Auf dem 40 Meter Knick sehe ich zum letzen Mal sein Licht. Es ist sicher nicht einfach, eine saubere Vermessungleine zu legen. An einigen placements muss ich Zwischenpunkte setzen. Manne geht vorweg. Endlich am Stargate. WOW! Kristallklares, blaues Wasser welches aus dem Druckstollen kommt. Radikaler Farbwechsel. Beim Vermessen des Knicks nach unten schliesse ich Bekanntschaft mit Ricks alter Leine. So ein Mist, genau im Springstrap. Sanftes Losstrampeln, Pech gehabt jetzt sind es 2 Schlingen. Schneiden? Nein, dann fallen 30 Meter Leine nach unten und ausserdem ist dann die Leine in den Seitengang gekappt. Also sanft befreien. Ich hänge erstmal etwas Material ab, Scooter, Messtafel usw. Dann komme ich einigermassen an meinen Knöchel und fummele die Leine ab.

Manne ist jetzt sicher zu weit und die deko-Uhr zeigt lange genug an. Also schliesse ich die Vermessung an dieser Stelle erstmal ab und mache einen Pfeil am letzten Messpunkt. Mit dem Bonex bin ich ein paar Minuten später bei Manne, der am 20 m Dekostop sitzt. Wow, auch hier ein Riesen Schacht mit allen möglichen Abgängen. Manne bleibt an der Mainline und ich scoute ein wenig. Die Hallen sind weit mehr als 10 m hoch, mein Petrel beschwert sich, also muss ich wieder etwas tiefer gehen. Ich scoute einige der Seitenpassagen. Eines ist ein loop, das andere geht im Schlick weiter.

Ein kurzer Blick zu Manne…deko absitzen wegen 30 m Leine legen? Nein. Umkehren. Zurück durch den tiefen Knick, Halt am Stargate. Der weisse Gang…Ricks Leine ist doch noch da. Also rein. Wow was für ein Gang. Schneeweiss. Rund. Zickzack verwinkelt. Nach 10 Metern gleich ein grosser ovaler Gang der oben links rechtwinklig weggeht. Alles auf etwa 38 Metern. Ricks Leine ist plötzlich nur noch in Fetzen vorhanden. Wir hängen die Scooter ab, knüpfen die neue Leine an und gehen noch etwa 10 Minuten weiter. Wir kommen erneut an ein “T”. Nach rechts sieht man eine Sandhalde mit Leinenfragmenten. Hier soll es gut sein. Wir kehren.

Auweh, über 1.5 Stunden Deko und ich hätte eigentlich Hunger. Nix wie heim. Wir gehen auf den 12 m Sattel, wobei wir 15 und 12 Meter Stops geschwind “überscootern”, danach durch den 40 Meter Knick Richtung Höhlensee von Siphon 2, in welchem wir nach gut 200 Minuten Tauchzeit gegen 21 Uhr wieder auftauchen. Toddy wartet auf uns. Er in der Zwischenzeit hat ein wenig gescoutet.

Ab ins Biwak. meine Kochkünste zaubern auf dem langsamen Esbit Kocher nach Toddys dünner Spargelsuppe noch ein Risotto sowie eine Portion “Steak and Beans” hervor. Letzteres war allerdings ein Heater Meal. Danach gibt es noch die ganze Palette an Süssigkeiten und Müsliriegel.

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Danach gehts ins Bett. Allesamt sind wir recht müde. Aus meinem noblen Goretex Biwaksack dampft es wie eine türkische Sauna. Ein kleines chemisches Hitzekissen macht es mir wohlig warm im Schlafsack. Dann 7 Stunden Schnarchkonzert in drei Tonlagen.

Donnerstag 8. August

Am Morgen bin ich der erste der aufwacht. Ich überasche die anderen beiden mit einem Ingwer-Cappuccino. Warm und zuckersüss. Dazu Süssigkeiten, Fruchtriegel und Armeekekse damit das Sättegefühl lange anhält. Toddy und Manne beschweren sich zuerst über die Armeekekse, nach Androhung von künftig kalter Küche a là Bossi essen sie brav ihre Kekse auf.

Manne will heute noch die Leine im Siphon 2 fertig zur Oberfläche legen. Toddy will diese dann gleich fertig vermessen. Ich habe schon gut 4 Stunden auf dem Kalk und keinen zum Wechseln dabei. Ausserdem will ich ohnehin lieber im Trockenteil scouten, da der HFGOK Plan zu viele Fragezeichen hat. Ich helfe den beiden ins Wasser und ziehe los zum Biwak.

In der Nähe der schrägen Kletterstelle ist auch ein kleiner aktiver Gang mit Sinterfahnen. Man muss überhalb dem Sinter in etwa 2 m Höhe queren und dann kann man mit einigem Geschick die etwa 8 m hohe steile Rampe hochklettern.

Am oberen Ende ist ein kleiner Korkenziehergang. Ich stecke den Kopf durch…Wow. Ein riesiger Gang. MIt Sanddüne auf dem Boden. Logo, mit Fussspuren. Ich laufe weiter. Zickzack, einige kleinere Seitenpassagen, aber alle versandet.

Dann komme ich zu einer Kletterstelle mit Seil. Mist, das Kletterzeug ist am Biwak. Seitlich kann man eventuell ohne Seil klettern. Ich komme bis fast nach oben, 2 Meter fehlen. Sturzhöhe über 10 Meter, die letzten 2 Meter auf nassem Sinter klettern kommt nicht in Frage. Also retour und Ausrüstung holen. Warm ist es hier, ich schwitze und rieche vermutlich wie ein Ochse. Zurück an der Kletterstelle geht es nun gesichert nach oben. Die Vermessung ergibt im Nachgang 14 Meter Gesamthöhe des Schachtes.

Die Seilaufhängung ist ohne Plaketten nur um einen Sinter gebunden. Das werde ich beim nächsten Mal ändern. Auf dem Boden steht HFGOK 2003. In der Decke sind 2 Zubringer die ich zumindestens ungesichert auf keinen Fall klettern kann. Also gehe ich vorwärts weiter. Die schneeweisse kreisrunde Passage mit den Fliessfacetten und den überall funkelnden Kalzit-Kristallen verschlägt mir die Sprache. Gott sei Dank habe ich eine Scurion auf dem Kopf. Volles Licht an, was für ein Spektakel. ich gehe noch etwas weiter in eine riesige Halle, welche von der HFGOK “Sala Y” getauft wurde. Zwei enorme Gänge mit tiefem Sand führen schräg nach unten.

Ein grosser Gang geht oben in entgegengesetzter Richtung weg. Ein weiterer Gang geht rechts ab und müsste eigentlich der Gang zum Hasenmayer Sump sein.

Ich schaue in alle Gänge kurz hinein und dann ist es leider auch schon Zeit umzukehren.

Am Biwak erwartet mich schon Manne. Er hatte ein paar Schwierigkeiten mit einem klemmenden Einlassventil und musste den Tauchgang kurz nach dem Start bereits abbrechen. Toddy kommt nach kurzer Zeit auch schon in Sichtweite, muss aber noch einiges an Deko absitzen. er hat die Vermessung bis zum Leinenende auf 20 Metern Tiefe fertig gemacht.

Nachdem Toddy zurück ist beginnen wir mit dem Materialtransport. Alles Material von Manne und Jogi muss zurück zum Siphon 1 und aus der Höhle. Das Boot ist auf 17 Uhr bestellt. Dieses Mal etwas früher weil am Abend Wellen kommen könnten. Gegen 16 Uhr tauchen wir los. Nach einer gemütlichen Scooter-Tour sind wir wieder im Golf von Orosei. Da wir das Boot nicht gleich erkennen hocken wir noch eine gute halbe Stunde auf dem Meeresgrund. Danach geht es an Bord und müde aber happy zurück.

Freitag 9. August

Heute ist wieder ein freier Tag zum Erholen geplant. Ich habe ausser Kalk und Gas wechseln nicht viel zu machen und darum gönne ich mir einen Strandtag am Cala Fuili Strand. Der Canyon ist wunderschön und das Wasser lauwarm. Wunderbar.

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Samstag 10. August

Heute soll es wieder für 2 Tage in die Höhle gehen. Dieses Mal jedoch nur noch Toddy und ich weil Manne und Jogi abreisen müssen.

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Es soll heute mit den normalen Tauchkunden hinausgehen. Schon beim Einladen des Materials sieht man zwei strahlende Gesichter von zwei Freunden die sich zwei Tage lang austoben dürfen. Also alles in den Bus, rauf aufs Boot und ab Richtung Höhle. Das Essen wird grösstenteils sehr innovativ im Unterzieher verstaut (Bossi-Style). Das Vergnügen ist jedoch kurz als Toddy ins Wasser springt und feststellt dass sein Reissverschluss undicht ist. Klatschnass werden in 15 Grad Wasser und dann 2 Tage in der Höhle frieren hat keinen Sinn. Umkehren, Anzug flicken. Ein böser Tiefschlag aber wir lassen uns nicht kleinkriegen.

Am Nachmittag, nachdem Toddys Anzug zum Leim-Trocknen im Schatten liegt gehe ich mit Daniel nach Dorgali zum Cartoe Strand und verbringe einen netten Nachmittag an einem wirklich schönen Fleck.

Am Abend gibt es mit Toddy eine noch rekordverdächtigere Portion Pasta auf meiner Dachterasse. Und weil wir keine Verbands-Fundamentalisten sind gibt es auch Schafskäse und Bier dazu.

Sonntag 11. August

So, heute gehts los. Und zwar frühmorgens um 5.30 Uhr. Auto gepackt, ab zum Hafen, ab zur Grotta Cormorano und Anziehen. Ich ziehe meinen Anzug an und habe eine halbe Armanschette in der Hand. das darf doch nicht wahr sein. Sie dichtet noch minimal, aber tauchen geht so nicht. Hat jemand Klebeband? Ja. Ok, Gummistück vorsichtig drauflegen und Toddy umklebt mir liebevoll das Handgelenk. Die Hand läuft schon rot an bevor ich den Handschuh anziehe. Aber es sieht dicht aus. Ab ins Wasser, dicht. Zeug anrödeln, ohne Verzug geht es los. Mit Verstauen des Materials unter dem Boot und anschliessender Fahrt sind wir nach etwa 40 Minuten im Höhlensee. Zwischendrin halten wir einige Male an, denn heute ist das Wasser vom Färbemittel froschgrün. Im Ramo del Bue sieht man jedoch blaues Wasser. Dieser muss also von einer anderen Quelle gespeist werden. Nichts wie aus dem Wasser, ich spüre meine rechte HJand kaum mehr. ausziehen, Umziehen, juhu ich bin noch trocken. Bis morgen zur Rückkehr juckt mich die kaputte Manschette überhaupt nicht mehr.

Umziehen in die Speleo Klamotten. Wir gehen zum Biwak. Während wir unsere Säcke vorbereiten setze ich geschwind eine Nudelsuppe aufs Feuer. Trotz aufgezwungenem Armme-Keks-Magenfüller gibt es Lobeshymnen von Toddy auf meine (und Knorrs) Kochkünste.

Gestärkt geht es los. Ziel des heutigen Tages ist die Neuvermessung des Trockenteils zwischen Siphon 1 und 2 bis zum Hasenmayer Sump. Auf dem Plan der HFGOK ist dies nur ein einfacher Schlauch mit ein paar Fragezeichen und dem Abzweiger zur Smilzo-Halle, in der Praxis hat sich die Höhle bei meinem Scouten aber als wahres Labyrinth herausgestellt.

Wir legen los. Die Versuchung die Scurions bei den wunderschönen Gängen und phantastischen Hallen voll aufzudrehen ist gross. Beim Vermessen leisten die leisten die Lampen ebenfalls sehr wertvolle Dienste. Oberhalb der Seilstelle verschlägt es auch Toddy die Sprache. Ich habe nicht zuviel versprochen. Wir scouten den kleinen Gang oberhalb des Schachtes. Irgendwann wird es ohne Sicherung nicht mehr befahrbar. Gegenüber in der Schachtdecke ist ebenfalls eine tiefe Nische, welche ein Gang sein könnte. Wir beschliessen weiter zu gehen weil der Weg zum Hasenmayer Sump noch weit und ausserdem uns unbekannt ist. Irgendwann kommen wir zur Y-Halle. Gigantisch. Hier gibt es erstmal Snickers und Coca Cola. Ich will den nach oben und in entgegengesetzter Richtung führenden Gang erkunden. Es handelt sich um eine stark versinterte Rampe, welche oben aber in den Schlick führt. Nirgends ist ein Luftzug zu spüren.

Wir wollen aber weiter zum Hasenmayer Sump. Kurze Beratung mit dem Plan der HFGOK. Es ist nicht so einfach, weil die Höhle um vieles komplexer ist. Der linke Y-Gang führt offensichtlich zur Smilzo Halle. Zu der wollen wir erst ganz am Schluss. der rechte Gang führt zu einem Fragezeichen wenn wir den Plan richtig verstehen. Der von mir eben gescoutete Gang ist eines der Fragezeichen auf der Karte. Am rechten Y-Gang geht oberhalb einer etwa 3 m hohen Stufe ein grosser Gang nach rechts ab. Die Richtung stimmt, den nehmen wir. Vermessenderweise gehen wir vorwärts. Es kommt recht bald eine grössere Gabelung. Wir nehmen den grösseren Gang geradeaus. Das auf dem Pocket PC erscheinende Zick Zack ist aber irgendwann anders als auf dem Plan der HFGOK. Ständig gehen Gänge links nach unten ab. allerdings ist die generelle Nord-West-Richtung “unseres” Ganges eigentlich nicht so schlecht. Stimmt die Kalibration des Distox vielleicht nicht? Ich hatte zuvor “Error287” und musste das Batteriefach aufmachen. Danach müsste man eigentlich neu kalibrieren. Wir gehen weiter und kommen irgendwann an eine verlehmte Gabelung. Beide Gänge enden in verlehmten, nicht befahrbaren Engstellen.

Wir kehren zurück zur ersten “richtigen” Gabelung und nehmen den deutlich kleineren Weg nach unten. Nach ca. 20 Metern sind wir erneut in einem gewaltigen Gang mit Sandboden. Auch hier gehen überall Gänge ab. Einige scouten wir kurz. Sie stellen sich allesamt entweder als loops heraus oder enden in abfallenden, am Ende mit Sand gefüllten Sackgassen. Diese sind sehr ähnlich den Sandhalden, welche man unter Wasser in allen möglichen Seitennischen entdecken kann. Zweifelsohne käme man hier mit Graben in wasser- (und sand-) gefüllte Gänge. Wir vermessen rasch einen der Loops um zu sehen wie genau die Kalibrierung stimmt. Der Ringschluss klappt bis auf wenige Zentimeter, also alles in Ordnung.

Der neue, grosse Gangverlauf entwickelt sich auf dem Pocket PC genauso wie der Plan der HFGOK. Wir sind auf dem richtigen Weg. Es gehen wieder überall Gänge ab. Einen muss ich scouten, die versuchung ist zu gross. Er geht gross und kreisrund relativ steil nach oben. Schneeweiss, der Hammer. Den heben wir uns für den Rückweg auf. Irgendwann sagt Toddy “Hier war ich schon mal vor Jahren”. Und kurz darauf sind wir an einer Sandhalde, an deren unterem Ende ein kristallklarer, grünlicher See liegt. Auch hier ist also der Farbstoff angekommen. Jetzt gibt es eine verdiente Pause. Ich habe am Biwak heimlich eine XL-Tafel Schokolade mit Nüssen und Rosinen im Fass versteckt. Diese verschwindet in weniger als 2 Minuten in unseren Bäuchen.

Das Ziel des Tages ist erreicht. Der Hasenmayer Sump ist ein länglicher See mit einem labyrinthartigem “Obergeschoss”, aus welchem man durch mehrere Fenster auf das Wasser sieht. Um beim nächsten Mal nicht endlose Schwierigkeiten zu haben mit dem Suchen der Messpunkte und Anhängen der Seitenarme vermessen wir wie die Wilden bis zum südlichen Ende des Sees alle Seitengänge. Dort ist an einem Felsen Toddys mainline angeknüpt. Diese stellt unseren letzten Messpunkt dar.

Auf dem Rückweg vermessen wir noch den nach oben führenden Gang. die Ueberaschung ist gross als dieser genau in die gleiche verlehmte Engstelle führt, in welcher wir zuvor den Hauptgang vermutet hatten.

Die Trockenhöhlenvermessung hat an dieser Stelle die 1’000-Meter-Marke überschritten. Da wir noch n der Smilzo-Halle die Fragezeichen anschauen wollen lassen wir es an dieser Stelle gut sein. Wir gehen zur Y-Halle und beschliessen, alles Material zurückzulassen. Dann scouten wir zuerst alle Seitengänge zwischen den beiden Y-Armen. Alles loops oder Gänge die unten mit Sand verstopft sind und welche vielleicht eines Tages nach einem Jahrhunderthochwasser freigespült werden könnten, so wie dies im letzten Jahr bei der Erforschung der Bue Marino Höhle durch Daniel Hutnan der Fall war.

Auch beim Hauptgang zur Smilzo Halle gibt es diverse Abzweiger. An einer Stelle erinnert der Hauptgang an Su Bentu mit zwei übereinander liegenden, grossen Gängen welche sich am Ende wieder vereinigen. Wir nehmen den oberen Gang, welcher aber in einem kniffligen Abstieg endet. Dann stehen wir an einer verlehmten Rampe. Unter uns die Smilzo Halle. Ich steige als erster alleine ab. Falls der Rückweg zu rutschig wäre könnte Toddy das Seil holen. Der “Probe-Aufstieg” funktioniert aber mit einigen Schwierigkeiten, also gehen wir nun beide runter in die Halle.

Die Höhle ändert hier markant ihr Aussehen. Lehmablagerungen überall. Wir erklettern mit einigen Schwierigkeiten einige oben liegende Zubringer. Teilweise sind es wieder loops, andere Gänge enden im Lehm. Sämtliche nach unten führenden Abgänge enden im Lehm.

Hinter einem Sattel geht eine gut 10 m hohe Rampe steil nach unten. Unten sieht man eine Nische die auch ein Gang sein könnte. Wir haben das Seil in der Y-Halle und ein freier Abstieg erscheint uns als zu gefährlich. Wir setzen hier unser persönliches Fragezeichen und kehren um.

Gegen 20 Uhr sind wir leicht dehydriert und mit einem Riesen Hunger zurück im Camp. Wir hängen uns an den Wassersack. Dann walte ich wieder meines Amtes als Chefkoch. Zuerst eine Nudelsuppe für drei Personen. Dann eine Pilzsuppe für drei Personen. Danach ein Pasta-Bohnen-Gericht für drei Personen, gemeinsam mit einem Spicy-Pasta-heater-meal. Danach Süssigkeiten und Coca Cola.

Ich könnte imer noch essen, allerdings geht der Brennstoff zur Neige und wir wollen den Cappuccino zum Frühstück nicht gefährden. Toddy macht den Abwasch, ich schlüpfe nach kurzem Überlegen direkt in den Schlafsack. Kurz darauf macht Toddy das Gleiche.

Montag 12. August

Um 8 Uhr morgens wache ich auf, Toddy schnärchelt leicht vor sich hin. Toddy streckt sich und sagt “Du ich kann nicht einschlafen”. Als ich ihm erkläre dass es 8 Uhr ist und er die ganze Nacht geschnarcht hat ist die Welt sofort wieder in Ordnung. Vor allem weil auch der Cappuccino schon warm ist. Dazu Fruchtriegel, Schokoriegel, Müsliriegel und Armeekekse.

Danach geht es ans Abbauen des Biwak. Die Luftmatratzen und das Seil beliben in der Höhle. Ich beschliesse, auch mein Fass mit dem restlichen Essen sowie ein paar Notfall-Sachen (Rettungsdecke, wasserfeste Zündhölzer, Brennpaste, Knicklicht usw.) da zu lassen. Wir verstauen alles hochwassersicher im Aufgang zur über dem Camp liegenden Galerie. Danach geht es an das Verpacken der insgesamt 6 dryytubes. Dazu noch Stages, Kreisel, Scooter. Zum Glück haben wir mit Urs und Dani abgemacht, dass sie kommen und uns Schleppen helfen. Kurz vor Mittag tauchen die beiden auf. Sie steigen aus dem Wasser, wir zeigen ihneen den Biwakplatz sowie den Siphon 2, welcher heute komplett grün ist. Danach bereiten sich die beiden vor, wir behängen sie wie die Weihnachtsbäume und sie tuckern los. Die Bonex Scooter erweisen sich als absolut zuverlässige Lastenesel.

Danach bereiten auch Toddy und ich uns vor. Ich muss wieder in den Ärmel hineingeklebt werden, auch dieses Mal bleibt der Anzug dicht. Gegen 13 Uhr tauchen wir ab. An einer Stelle sehe ich Toddys Licht nicht mehr hinter mir und ihn in einem Seitengang verschwinden. Kurz danach kommt er von vorne wieder auf mich zu. Der Schlingel hat einen kleinen mir unbekannten Loop genommen.

Weiter geht es durch das grüne Wasser. Am Ramo del Bue können wir es uns nicht verkneifen kurz mal gut 200 Meter hinein zu scootern. Blaues, glasklares Wasser. Hier ist definitiv kein Färbemittel angekommen.

Da mir das Isolierband die Blutzufuhr zur Hand abschnürt will ich raus. Wir scootern gemütlich Richtung Eingang. Das Wasser wird immer wärmer und plötzlich sehen wir das blau-grüne Licht vom Höhleneingang. Eine Affenhitze erwartet uns an der Oberfläche.

Danach geht es zurück zum Hafen und zur Tauchbasis. Da ich morgen leider abreisen muss gibt es heute noch eine gewaltige Reinigungsaktion. Der Zafira ist eine ideale Aufhänge- und Trockenstation.

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Am späteren Nachmittag bastlte ich noch ein wenig mit den Vermessungsdaten (Pocket Topo und Visual topo). Der Abend klingt gemütlich aus bei Bier und Zigarren (mir als Banause genügt ein Zug).

Dienstag 13. August

Heute Abend muss ich zur Fähre. den ganzen Vormittag fülle ich das Auto. Danach gibt es noch eine Abschiedsrunde bei den Freunden. Flavio und Toddy erwische ich vor Ort. Über Mittag gehe ich zu Leo Fancello. Wir setzen das Puzzle der einzelnen Vermessungsabsschnitte zusammen und versuchen, die Entdeckungen mit geologischen Karten und Luftaufnahmen zu interpretieren. Die Ergebnisse unserer Betrachtungen des angetroffenen Farbstoffs sind für Leo genauso wichtig wie die mitgebrachten Aktiv-Kohle-Säckchen.

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Irgendwann neigt sich der Nachmittag dem Ende zu und ich muss mich schweren Herzens an den Rückweg machen. Die Fährüberfahrt verbringe ich aufgrund der absurden Kabinenpreise in der Hängematte an Deck. Gemütlich schaukeln mich Wind und Wellen in den Tiefschlaf. Irgendwann weckt mich die Sonne auf und ich habe das kontinentale Festland in Sicht. Kurz nach Mittag fahre ich bei Regen und 18 Grad an Mailand vorbei und ene Stunde später hat mich der Tessin zurück.

Die Fortsetzung des Projekts im Jahr 2014 ist bereits fest eingeplant.

Mein Dank geht an (willkürliche Reihenfolge):

– Toddy Wäldde

– Manne Reise

– Jogi Decker

– Urs Lips

– Bruno Spagnuolo

– Witek Hoffman

– Flavio Catte

– Leo Fancello und Maria Masuri

– Roberto Loro

– Hotel La Playa

– alle die ich vergessen habe

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